Blogbeitrag

Die glorreichen Sieben in der wilden HR-Landschaft

Michael Grotherr

VP Central Europe

Die Studie „HR-Strategie 2023“ des F.A.Z.-Fachverlages und Cornerstone OnDemand zeigt, dass Unternehmen in der DACH-Region derzeit europaweit noch kaum IT-Lösungen für ihr Talent Management nutzen – ein Problem angesichts der Herausforderungen der Digitalisierung.

Kennen Sie nicht auch die Einleitungsszene aus Sergio Leones Meisterwerk „Spiel mir das Lied vom Tod“, wo Charles Bronson an einem verlassenen Bahnsteig ankommt und ihn drei bärbeißige Kopfgeldjäger erwarten? Jeder hat sicher schon mal das Bild solch einer verlassenen und vergessenen Geisterstadt aus dem Wilden Westen gesehen, in der die Fenster mit Brettern verrammelt sind, die Tür des Saloons lose in den Angeln hängt und ein einsamer Strauch vom Wüstenwind spröde über die staubige Mittelstraße geweht wird. Dieses Szenario bedient natürlich selbst für das Western-Genre so einige Klischees und freilich mag der Vergleich ein wenig überhöht sein – dennoch könnte viele mittelständische Unternehmen in Deutschland auf absehbare Zeit dasselbe Schicksal ereilen, wie einst kleinere Städte in Kalifornien oder Colorado nach dem Goldrausch. Als nämlich das letzte Erz geschürft, die Minen geschlossen und keine Arbeit mehr verfügbar war, verließen die Menschen die Siedlungen und zogen in die größeren Ballungsgebiete an der Pazifikküste. Zurück blieben verödete Geisterstädte in einer strukturschwachen Region.

Der demographische Wandel wie auch der damit einhergehende Fachkräftemangel werden ab 2020 zu einer deutlichen Urbanisierung führen – der derzeitige Prozess wird sich also noch einmal beschleunigen. Unternehmen in der Provinz – wo der Mittelstand besonders stark vertreten ist – haben dann nicht nur mit einem Mangel an Fachkräften, sondern auch einem Standortproblem zu kämpfen. Doch dies ist nur eine von vielen Herausforderungen, mit denen Unternehmen sich konfrontiert sehen. Dies ergab die neue Studie HR-Strategie 2023 des F.A.Z.-Fachverlag in Kooperation mit Cornerstone OnDemand. Sie zeigt, dass das Anwerben und Binden von Personal noch vor Digitalisierung, Industrie 4.0 und IT-Infrastruktur für den Mittelstand derzeit die größte Herausforderung darstellt. Auf dieser Grundlage sieht mit 70 Prozent eine Mehrheit der Befragten den Handlungsschwerpunkt der HR insbesondere beim Recruiting von Fach- und Führungskräften. 58 Prozent sehen hier das Talent Management vorne. Rund zwei Drittel der befragten Unternehmen planen daher, das Talent Management und die Weiterbildung zukünftig auszubauen, um geeignetes Personal zu finden und zu binden.

Trotz Landflucht und Fachkräftemangel wollen Unternehmen ihre Belegschaft vergrößern

Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass für das Talent Management in 43 Prozent der Unternehmen lediglich einfache Standardprogramme wie Excel genutzt werden. 25 Prozent geben sogar an, gar keine IT-Lösung zu nutzen. 30 Prozent der Unternehmen greifen auf eine Inhouse-Installation eines HR-Management-Systems bzw. eine On-Premise-Lösung zurück und rund 20 nehmen Software as a Ser­vice (SaaS) in Anspruch. Hier stellt sich die Frage, wie Talente ohne ausreichende IT-Lösungen effizient angesprochen, gebunden und gefördert werden sollen. So zeigt die Studie, dass die Effizienz von Rec­ruiting und Talentmanagement in Unternehmen der DACH-Region derzeit kaum gemessen wird. Fast zwei Drittel der Betriebe nutzen keine Key-Performance-Indicators, um die Effizienz der beiden HR-Funktionen zu messen. In 18 Prozent der Betriebe ist immerhin das Recruiting bzw. das Talentmanagement als separater HR-Bereich mit Key-Performance-Indicators hinterlegt. Fast ebenso viele Befragte geben an, in ihrem Unternehmen werde jeder HR-Prozess mit Key-Performance-Indicators hinterlegt. Die Erwartungen an IT-Lösungen konzentrieren sich vornehmlich auf die einfache Bedienung (84 Prozent), Zeitersparnis sowie Effizienzsteigerung (63 Prozent), hohe Integrationsfähigkeit über Schnittstellen (59 Prozent) und papierlose Prozesse (54 Prozent) – damit ist man vergleichsweise weit weg von den Möglichkeiten, die die intelligente Nutzung von Talent Management Software erlaubt. Für das Recruiting gewinnen digitale Kanäle wie soziale Medien (58 Prozent), Active Sourcing (45 Prozent) und Mobile Recruiting (24 Prozent) ganz klar an Bedeutung – KI hingegen kommt in den meisten Fällen noch nicht zum Einsatz. Die klassische Stellenanzeige – gleich ob print oder digital – sowie Anwerbung durch Mitarbeiter zählen mit 72 Prozent zu den dominierenden Nutzungsarten.

Im Rahmen der Studie warfen die Studienverantwortlichen auch einen Blick auf die Zukunftspläne und Erwartungen der Unternehmen. So planen fast acht von zehn Unternehmen, ihre Belegschaft bis 2023 zu vergrößern. 56 Prozent der Befragten erwarten dabei trotz demographischen Wandels und Urbanisierung ein jährliches Anwachsen ihrer Mitarbeiterschaft um bis zu zehn Prozent, gut ein Viertel erwartet sogar ein Wachstum darüber hinaus. Besonders gefragt sind – ganz dem Fachkräftemangel entsprechend – Experten (79 Prozent), Nachwuchskräfte (68 Prozent) und Führungskräfte (56 Prozent). Bei der Besetzung dieser Schlüsselpositionen setzen 73 Prozent der befragten Unternehmen auf eigene, bereits im Unternehmen tätige Mitarbeiter. Es wird also deutlich, dass viele Unternehmen in punkto HR noch nicht perfekt aufgestellt sind für das neue Umfeld. Geschwindigkeit und Transparenz gehören auch in die HR der Zukunft – digitale Tools ermöglichen dies. Insofern ist es erstaunlich, dass noch wenige Unternehmen digitale Tools nutzen, um neue Mitarbeiter zu finden und zu binden, indem sie ihnen Perspektiven eröffnen. Die Unternehmen der DACH-Region, die in punkto Industrie 4.0 führend sind, sollten auch hier nach einer Führungsrolle streben. Gerade vor dem Hintergrund der Landflucht sollte ein strategisches Recruiting mit allen Vorteilen der Digitalisierung ausgeschöpft werden. Daher zum Ende sieben glorreiche Tipps, wie das Personalmanagement doch noch den Impact erzielen kann:

  1. Stutzen Sie den Administrationsdschungel!
    Keiner will viel Verwaltungsaufwand. Dennoch sollten Sie nur die Gartenschere zücken und nicht gleich mit der Machete anrücken. Denn zu große Einsparungen und unkoordinierte Rationalisierungen können später zu Kostenfallen werden und vorhandenes Know-how zerstören. Setzen Sie sorgsam an den richtigen Stellen an, um das Gestrüpp zu stutzen.
  2. Setzen Sie auf Smart HR!
    Nutzen Sie die gebündelte Kraft der Cloud- und Mobiltechnologie, um alle Mitarbeiter rund um den Globus zu integrieren. Mit der Vernetzung auf allen Ebenen beschleunigen Sie nicht nur die Prozesse, sondern schaffen auch Transparenz, Sicherheit und Zugänglichkeit für alle Mitglieder des Teams.
  3. Immer die Datensicherheit im Kopf haben!
    Welche Informationen Ihrer Mitarbeiter sind privat und welche relevant für das Unternehmen? Eine gute Gelegenheit, den Betriebsrat zu involvieren, denn die Frage des Datenzugangs muss ganz klar mit diesem abgesprochen werden. Sorgen Sie außerdem dafür, dass die IT-Abteilung dazu noch ein Sicherheitsaudit des Lösungsanbieters durchführt und stellen Sie sicher, dass externe Rechenzentren tatsächlich sicher und ISO-zertifiziert sind.
  4. Transparenz als Leitbild behalten!
    Die Betriebsabläufe werden deutlich vitalisiert, wenn alle im Team wissen, dass ihre Berichte und Protokolle nicht umsonst sind, sondern die Prozesse verbessern. Sorgen Sie an dieser Stelle von Anfang an für Transparenz. Einige Berichte, wie zum Beispiel über Gleichberechtigung oder Anti-Diskriminierung, können Sie intern kommunizieren, um Fortschritte zu zeigen und unternehmerische Sozialverantwortung zu beweisen.
  5. Seien Sie kein Business-Partner – seien Sie selbst das Business!
    Viel zu oft versteht die HR sich nicht als Kern des Business. Sie gibt sich als Partner und nicht als richtiger Akteure im Alltagsgeschäft aus. Diese Einstellung muss sich grundlegend ändern, wenn eine bessere Performance erzielt werden soll. Erst wenn sich die HR selbst als Business versteht, stärkt sich auch ihre Rolle und Sichtbarkeit innerhalb der Organisation.
  6. Nicht nur die Talente, sondern auch die Menschen steuern!
    Vergessen Sei bei allen Technologien auch nicht die Menschen hinter den Prozessen! Notwendig sind dafür Systeme, die in beide Richtungen offen sind und ein ständiges Feedback sowie Leistungskontrolle erlauben. Kurz: Entwickeln Sie Ihre Mitarbeiter!
  7. Planen Sie die Zukunft!
    Die HR muss vor allem die Fähigkeit entwickeln, sich als Treiber zu definieren, wenn es darum geht, präzise Prognosen über den Bedarf von Fachkräften in der Zukunft zu formulieren. Eine solche in die Zukunft gerichtete Planung, die alle Faktoren berücksichtigt, ist dank Big Data und IT-basierter Datenanalysemethoden schon heute möglich. Die Zeiten, in denen bei der Personalentwicklung allein Formulare oder Excel-Sheets benutzt wurden, sind endgültig vorbei.

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