Nicht nur im Recruiting gewinnen Diversity, Equity und Inklusion (DEI) immer mehr an Bedeutung. Gesamte Unternehmen richten sich an diesem Grundsatz aus. Vor diesem Hintergrund hatte ich die Gelegenheit mit Alexandra Anders, Senior Director of Talent EMEA bei Cornerstone, zu sprechen.
Lars Eichhof: Welche Bedeutung hat DEI für die Führungskräfte von Cornerstone?
Alexandra Anders: Cornerstone stellte kürzlich Duane Le Bom als ersten Chief Diversity Officer ein. Duane ist dafür verantwortlich, unsere Diversity-, Equity und Inklusionsstrategie weiterzuentwickeln und zu fördern. Für uns als HR-Unternehmen stehen Menschen an der ersten Stelle. Eine Führungsperson, die die Vielfalt im gesamten Unternehmen fördert und ausbaut, ist dafür für uns der richtige Schritt. Duane Le Bom wird wichtige Kommunikationswege eröffnen und Diversity-Initiativen leiten. Damit wird Cornerstone seinen Beitrag zum Wandel unserer Gesellschaft tragen können. Darüber hinaus tragen bei uns alle Führungskräfte in ihren Abteilungen die Verantwortung für die Umsetzung von DEI.
Welche Schritte ist Cornerstone gegangen, um inklusiver arbeiten zu können? Und wie konnte Cornerstone als Wegbereiter für andere Unternehmen agieren?
Bei Cornerstone bieten wir eine breite Palette an Initiativen, die dazu beitragen DEI international im gesamten Unternehmen zu fördern. Diese Initiativen reichen von einfachen Konzepten wie dem Anbieten von E-Mail-Signaturen mit Pride-Flagge bis hin zu elaborierten Schemata wie Mitarbeiterfokusgruppen. Letztere werden in den meisten Fällen von Minderheiten geführt, damit unsere Mitarbeiter*innen ihr Bewusstsein für die Diversityprobleme im Unternehmen stärken können. Dabei geht es darum, offene Gespräche zu führen und sich der Realität anderer bewusst werden zu können.
Hierbei ziehen wir den Schlussstrich nicht an den Türen unseres Unternehmens: Wir möchten auch unsere Kund*innen und die Gesellschaft als Ganzes dazu ermutigen, für ein inklusives vielfältiges Arbeitsumfeld einzutreten. Gleichzeitig können wir unsere Technologien dazu nutzen, Subjektivität und unbewusste Vorurteile abzumildern. Ein Beispiel hierfür ist unsere Initiative Cornerstone Cares, die wir inmitten der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr ins Leben gerufen haben. Hier bieten wir kostenlose Schulungen an, die unter anderem dabei helfen, unbewussten Vorurteilen den Kampf anzusagen. Tatsächlich gehörten „Wie der unbewusste Bias Ihre Arbeit beeinflusst, ob Sie es merken oder nicht“ und „Warum jeder einen unbewussten Bias hat“ zu den Top-Kursen, die von den meisten Nutzer*innen auf unserer Cornerstone Cares-Plattform belegt wurden.
Ein weiteres Beispiel hierfür ist Cornerstone Recruitinglösung TalentLink: Hiermit verbesserten wir das Recruitingsystem der Atlas Hotels. Dank des neuen Systems kann nun eine bessere Entscheidungsgrundlage geliefert werden, da TalentLink die Bewerbenden nach ihren Skills klassifizieren kann. Damit wurde ein großer Teil des Bewerbungsverfahrens automatisiert, wodurch wiederrum weniger Platz für unbewusste Vorurteile oder Bias blieb. Was letztendlich dazu führt, dass die Atlas Hotels von einer vielfältigeren Belegschaft profitieren können.
Was würden Sie kleineren Unternehmen in weniger diversen Branchen (wie der IT) raten, wenn sie sich damit schwertun, ihre Diversity-Ziele zu erreichen?
Diversity ist ein sich ständig weiterentwickelndes Konzept ohne Ziellinie. Sie lässt sich nicht „vervollständigen“, da es durchgängig Platz für weitere Verbesserungen gibt. Das wiederrum ist unabhängig davon, um was für ein Unternehmen es sich handelt. Egal ob Start-Up oder Traditionsunternehmen – Diversity-Initiativen, unabhängig ihrer Größe, haben immer positive Auswirkungen. Darüber hinaus darf die Autorität des Führungspersonals nicht vergessen werden. Ihre Handlungen und Einstellungen haben direkte Auswirkungen auf die Belegschaft. Daher müssen sie allem Neuen immer aufgeschlossen gegenüberstehen, Vielfalt fördern und ebendiesen Spirit bei ihren Teams lancieren.
Welche einfachen Maßnahmen müssen im Recruiting umgesetzt werden, um inklusiv zu handeln?
Eine der einfachsten und doch effektivsten Möglichkeiten Bewerber*innen unterschiedlicher Hintergründe anzusprechen, ist es die Sprache jeglicher Touchpoints zu untersuchen und anzupassen. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Sprache der Stellenbeschreibung inklusiv ist. Sie sollte gendergerecht verfasst werden, sodass sich auch Kandidat*innen aus der Trans- oder nicht-binären Community angesprochen fühlen. Darüber hinaus sollte in Stellenausschreibungen darauf verzichtet werden, Berufserfahrung durch Jahre im Job zu beschreiben, da sonst jüngere Bewerber*innen von einer Bewerbung absehen könnten. Aber auch abseits der Bewerbung an weiteren Touchpoints – wie Website, Social Media oder in der Werbung – sollten Unternehmen auf Diversity achten. Hierbei sollte der Fokus auf der Auswahl inklusiver Sprache und Bildern liegen. Das sind Stellschrauben, die kontinuierlich angepasst und kontrolliert werden müssen. Diversity muss als Marathon und nicht als Sprint verstanden werden.
Neben physischen Unterschieden wie beispielsweise Alter und Geschlecht, gibt es auch Unterschiede, die nicht sofort erkennbar sind. Dazu zählen beispielsweise die Sexualität oder potentielle Handicaps der Kandidat*innen. Hier können schon kleine Bemerkungen in der Stellenbeschreibung ausreichen unbeabsichtigt Bewerbende ausgrenzen.
Viele Organisationen verfolgen mittlerweile eine fortschrittliche Agenda, um auch beim Recruiting inklusiv zu handeln und Diversity ermöglichen zu können. Trotzdem können viele dieser Bemühungen schief gehen, wenn Mitarbeiter*innen feststellen, dass die Führungsetage keine Minderheiten repräsentiert. Kurz gesagt: Ihnen wird der Eindruck vermittelt, dass es für sie in diesem Unternehmen keine wirkliche Karriere- und Beförderungsmöglichkeiten gibt. Was kann dagegen getan werden, dass neues diverses Personal nicht das Gefühl bekommt am falschen Platz zu sein und schnell wieder kündigt? Damit Unternehmen erfolgreich und wirklich inklusiv sein können, muss Diversity ein integraler Bestandteil der Unternehmenskultur sein. Es muss sichergestellt sein, dass jede*r einzelne Mitarbeiter*in auf der Arbeit wirklich so sein kann, wie die Person ist. Ganz unabhängig davon, was sie außerhalb der Arbeit in ihrem Privatleben erleben. Bei Cornerstone sind Diversity-Trainings und LGBTQ+-Allyship-Trainings Teil jedes Onboarding-Prozesses. Wir fördern Diskussionen, Dialoge und Schulungen, damit sich alle Mitarbeiter*innen während ihrer gesamten Zeit bei Cornerstone mit dem Thema Diversity befassen. Und das wiederum führt zu bedeutsamen Gesprächen und Aktionen. Außerdem konzentrieren wir uns sehr genau auf das, was sie beschrieben haben: Wir wollen sicherstellen, dass alle Kolleg*innen – egal welcher Minderheit sie angehören – echte Karrierechancen bei Cornerstone sehen können. Dafür ziehen wir unsere Führungsetage ständig zur Rechenschaft. In den letzten 18 Monate haben wir viel erreicht: Unsere Geschäftsführung fühlt sich für Diversity verantwortlich und fördert offene Diskussionen und Initiativen zu diesem Thema. Organsiert Cornerstone intern Trainings, um den unbewussten Bias zu minimieren? Wie stehen Sie dazu? Trainings, die sich mit dem unbewussten Bias auseinandersetzen, sind ein integraler Bestandteil unserer Fortbildungsprogramme. Wir ermutigen alle Manager*innen und Mitarbeiter*innen, regelmäßig an diesen Trainings teilzunehmen. Wir sind uns bei Cornerstone aber auch einig, dass das nicht der einzige Weg ist, Diversity zu erreichen. Vielmehr muss es darum gehen die Grundlagen dafür zu legen, dass das Bewusstsein für dieses Problem geschärft werden kann. Mit einem Aktionsplan hinterfragen wir dann, wie KI dann im Recruiting eingesetzt werden kann, um den Auswahlprozess freier von unbewussten Vorurteilen gestaltet zu können.
Wenn Sie mehr von Alexandra Anders rund um das Thema Diversity erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen den Blog „Weltfrauentag: Wie Unternehmen mehr Gleichberechtigung schaffen können“. Aber auch in unserem Podcast „HR Labs“ können Sie spannendes zu diesem Thema erfahren. Darüber hinaus legen wir Ihnen Alexandra Anders Blog „Fünf Tipps für Ihre Diversity Strategie“ ans Herz.
Ressourcen zu diesem Thema
Sie möchten noch mehr erfahren? Entdecken Sie unsere Produkte, Kundenberichte und aktuelle Brancheneinblicke.
Blogbeitrag
Fünf Tipps für Ihre Diversity Strategie
Wir sind bunt, vielfältig und fördern Minderheiten – zumindest in der Theorie! So betonen immer mehr Unternehmen, dass sie queere Mitarbeiter nicht nur gleichbehandeln, sondern sogar „empowern“ wollen. Bereits 22 der 30 Dax-Firmen haben deshalb die Themen sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identitäten zu festen Bestandteilen ihres jeweiligen Diversity Managements gemacht. Auch gibt es dafür einige handfeste Gründe: Wenn laut einer europaweiten Studie zehn Prozent der Befragten angeben, sich geschlechtlich als etwas anderes als „ausschließlich heterosexuell“ zu definieren, dann ist in Zeiten von Fachkräftemangel diese Gruppe allein schon aufgrund ihres demographischen Gewichts relevant. Doch bei vielen Personalverantwortlichen dominiert weiterhin die Vorstellung, dass ein gutes Gehalt, attraktive Zusatzleistungen wie Jobticket oder die Mitgliedschaft in einem Fitnessclub sowie ein paar nette Worte bereits ausreichen, um das Potential von Talenten aus der LGBTQ+-Community anzapfen zu können. Und damit begehen sie bereits die ersten Fehler. Denn viel wichtiger sind Wertschätzung und die richtigen Strategien.
Blogbeitrag
Weltfrauentag: Wie Unternehmen mehr Gleichberechtigung schaffen können
Die Zeiten, in denen Frauen für das Wahlrecht, das Recht zu Arbeiten oder selbst das Recht auf ein eigenes Bankkonto kämpfen mussten, sind in Deutschland zwar vorbei, 100-prozentige Gleichberechtigung der Geschlechter wurde bis heute noch nicht erreicht. Ein Grund mehr, auf den jährlichen Weltfrauentag am 8. März aufmerksam zu machen. Oft werden Frauen in Deutschland trotz gleicher Qualifikation nicht die gleichen Chancen eingeräumt, wie ihren männlichen Kollegen. Hierbei hängen wir noch sehr hinterher. Wie können Unternehmen die – zum Teil ungewollte – Ungleichbehandlung verhindern und echte Chancengleichheit erreichen?