Streng bemessene Pausen, keine Eigenverantwortung, dafür von oben erteilte Aufgaben und immer schön über die eigentlich schlechten Witze des Chefs lachen. In mancherlei Hinsicht ähnelt der Büroalltag einem Kindergarten mit vielen ungeschriebenen Verhaltensnormen sowie strengen Geboten und Verboten. Auch die Leistungsbeurteilung findet in der Regel durch eine Person statt, die für eine größere Gruppe zuständig ist und damit genauso subjektiv Beurteilungen fällt wie unsere Lehrer einst in der Schule.
Bis heute hält sich bei Managern hartnäckig die Einsicht, dass Verantwortungsübertragung und Freiraum zu nichts anderem als Anarchie führen – zu einer Art schwarzem Loch, das von den Mitarbeitern gnadenlos ausgenutzt würde, um alles zu tun, außer zu arbeiten. Diese Ansicht hat sich inzwischen so verhärtet, als wäre dies das unumstößliche Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie. Dabei finden sich in Wahrheit auf der anderen Seite genügend Erhebungen, die aufzeigen, dass die Unzufriedenheit der Angestellten so hoch wie schon lange nicht mehr ist. Umgekehrt sollte man daher fragen, ob man bei weniger steifem Reglement ernsthaft erwartet, dass plötzlich kein Mitarbeiter mehr im Büro erscheint und seiner Arbeit nicht mehr nachgeht? Dabei sind flache Hierarchien und Selbstverantwortung keine illusorischen Utopien. Auf der anderen Seite muss man auch fragen, ob dann vielleicht nicht auch etwas dran ist, an festen Regeln und klarer Aufgabenverteilung?
Wie Sie sehen, gibt es viele Pro- und Contra-Argumente. Unzählige Experten der HR gelangen zu gegensätzlichen Urteilen – und freilich ist eine gesunde Mischung immer noch der Königsweg. Wir haben uns einmal mit Argumenten für beide Positionen beschäftigt und gehen im ersten Teil der Frage nach
Sollten Mitarbeiter wie Kinder behandelt werden?
Ja, weil…
…ein Leitfaden und verstreute Goodies der Organisation guttun und keine Freiheitsberaubung darstellen. Ein vorgegebener Rahmen sollte nicht direkt mit harschen Regeln verwechselt werden, aber es müssen natürlich klare Aufgaben und Kompetenzen verteilt werden. Denn wer trägt einen Schaden davon, wenn all dies in einer familiären Atmosphäre abläuft? Pauschal einfach alle Zügel fallen und die Kollegen sich selbst zu überlassen, könnte zu Unstimmigkeiten im Arbeitsablauf führen. Manche Mitarbeiter können “frei“ eben besser arbeiten, andere wiederum brauchen ein wenig Führung, um weiterhin am Ball zu bleiben. Mitarbeiter wie Kinder zu behandeln, bedeutet halt nicht mit Peitsche und Zuckerbrot durch die Büros zu tigern – im Gegenteil: Grenzen schränken in der Tat die Innovation und Kreativität der Angestellten ein, daher muss man diese durch andere Mittel stärken. Es ist sicher kein Zufall, dass es auf den sozialen Netzwerken, wo wir uns so gerne herumtreiben, einen Like-Button, aber keinen Dislike-Button gibt. Und natürlich suchen die meisten durch ihre Darstellung auf Plattformen wie Facebook Selbstbestätigung. Nicht anders verhält es sich auch in der Bürokommunikation. Ihre Mitarbeiter brauchen ab und zu ein wenig Anerkennung für ihre Tätigkeit. Der alte Leitspruch „Nicht gemeckert ist Lob genug“ gehört in die Mottenkiste und hat nichts damit zu tun, gutes Leadership zu betreiben.
Kleine Gesten als Form der Dankbarkeit und Wertschätzung für den jahrelangen Einsatz sind eventuell der ausbleibende Lohn, den ein Mitarbeiter braucht, um das Gefühl zu haben in einem Team zu arbeiten und nicht nur Frondienst als Lohnsklave zu leisten. Bei Cornerstone werden beispielsweise auf digitalen Wegen sogenannte Badges an Mitarbeiter vergeben, die sich um das Unternehmen verdient gemacht haben. Dies ist jedoch nicht einfach mit sozialistischen Auszeichnungen wie „Held der Arbeit“ gleichzusetzen, denn diese Badges sollen ganz bewusst keinen Konkurrenzdruck schüren. Jeder Mitarbeiter hat die Möglichkeit einem anderen Kollegen einen Badge zu geben – und zwar jederzeit. Es gibt keine negativen Sanktionen, wenn jemand mal nicht solch ein Goodie erlangt hat. Dazu trägt auch deren informelle Gestaltung bei, denn die bonbonfarbenen Badges deuten bereits an, dass man diese Auszeichnungen locker betrachten sollte. Und es ist gerade dieses lockere Design der Aufmachung, welches dafür sorgt, dass kein Druck unter den Mitarbeitern geschürt wird, sondern sie antreibt sich gegenseitig zu motivieren. Der Chef oder Teamleader funktioniert in solch einer guten Atmosphäre dann als Schiedsrichter, der darauf achtet, dass sich jeder an die Spielregeln hält.
Ja, man sollte seine Mitarbeiter ähnlich wie Kinder behandeln, weil sicher niemand möchte, dass seine Firma irgendwann so aussieht wie ein heruntergekommener Familienhaushalt, wo keine Ordnung vorherrscht, das Niveau im Keller wohnt, zügellos bei geschlossenem Fenster geraucht wird und die Kinder bereits noch vor Abbruch der Hauptschule davon träumen mal eine Karriere als Gangsterrapper oder It-Girl zu starten – öffentlichkeitswirksam auf Youtube versteht sich.
Fortsetzung folgt…
In unserem nächsten Beitrag beschäftigen wir uns damit, warum es einigen Unternehmen eventuell auch guttun könnte, die Zügel etwas zu lockern und wie man wirklich flache Hierarchien durchsetzt und sie nicht nur behauptet. Denn einige erfolgreiche Unternehmen setzen auf diesen neuen Geist und beweisen, dass es bei richtiger Handhabe auch ohne Kommandobrücke funktioniert.
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