Viele Teams sind nach der Kündigungswelle schwächer besetzt als sonst. Während einige Unternehmen Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen, halten sich andere aus Sorge vor einer möglichen Rezession mit Neueinstellungen zurück.
Für die zurückbleibenden Beschäftigten sind die Zeiten hart. Eine SHRM-Umfrage aus dem Jahr 2021 ergab, dass die verbliebenen Mitarbeitenden mit Überlastung, Einsamkeit und mangelnder Wertschätzung seitens ihrer Arbeitgeber umgehen müssen. 30 % haben Schwierigkeiten, ihre zusätzliche Arbeitslast zu erledigen, und ein ähnlicher Anteil fühlt sich ihren Arbeitgebern gegenüber weniger loyal. Außerdem fragt sich mehr als die Hälfte dieser Mitarbeitenden, ob sie ausreichend bezahlt werden.
Mit anderen Worten: Die Mitarbeitenden, die noch da sind und nicht wie so viele andere gekündigt haben, sind einem hohen Burnout-Risiko ausgesetzt.
Wie können Unternehmen diese loyalen Arbeitnehmenden unterstützen? Welche Zusatzleistungen sind für sie am interessantesten? Und wie können wir einen robusteren, Burnout-sicheren Arbeitsplatz schaffen?
Nachfolgend sind sieben Schritte aufgeführt, die Unternehmen ergreifen können, um Burnout bei ihren verbleibenden Mitarbeitenden zu verhindern:
1. Schaffung einer Kultur psychologischer Sicherheit
Der erste Schritt beim Unterstützen der psychischen Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden muss darin bestehen, offen über psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu sprechen. Wenn Manager:innen, Führungskräfte und Personalverantwortliche offene Gespräche über psychische Gesundheit führen, ist es wahrscheinlicher, dass Mitarbeitende bei Bedarf Hilfe in Anspruch nehmen. Das wiederum verringert ihr Risiko eines Burnouts. Das kann folgendermaßen aussehen:
- Regelmäßiger Versand eines Newsletters, in dem Zusatzleistungen für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden vorgestellt werden
- Einrichtung von Kleingruppen-Workshops über die Anzeichen von Burnout und den Abbau von Stress am Arbeitsplatz
- Manager:innen machen es zur Gewohnheit, zu Beginn jeder Besprechung nachzufragen, wie es allen Beteiligten emotional ebenso wie beruflich geht
2. Manager:innen ermutigen, einfühlsam zu sein
Untersuchungen des Chartered Institute of Personnel and Development (CIPD) haben ergeben, dass „der Führungsstil nach wie vor eine der häufigsten Ursachen für Stress am Arbeitsplatz ist“. Laut Jennifer Moss, Autorin von „The Burnout Epidemic“ (Die Burnout-Epidemie), reagieren von Burnout bedrohte Mitarbeitende am besten auf Führungskräfte, die Einfühlungsvermögen zeigen.
Manager:innen können ihr Einfühlungsvermögen auf eine Art zeigen, die ihnen direkt unterstellte Mitarbeitende anspricht. Zum Beispiel, indem sie:
- Fragen an die Mitarbeitenden ganzheitlich in Bezug auf sie selbst stellen – nicht nur auf ihre Arbeitsprojekte und Aufgaben
- Mitfühlend zuhören, auch wenn das Feedback der Mitarbeitenden eventuell ungelegen kommt
- Maßnahmen aufgrund des Feedbacks ergreifen, um nicht als ausschließlich leistungsorientiert wahrgenommen zu werden
Moss gibt die folgenden Beispiele für praktisch angewandtes Einfühlungsvermögen: Ein Manager beschließt, die Arbeitsbelastung seines Teams zu verringern. Teammitglieder fühlen sich infolgedessen nicht mehr unter Druck gesetzt, an Wochenenden zu arbeiten. Eine andere Managerin richtet ein Elternforum ein, um herauszufinden, was Teammitglieder mit Kindern wirklich brauchen, um bei der Arbeit erfolgreich zu sein. Praktisch angewandtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es den Mitarbeitenden, ihr Arbeitsleben zu genießen und einen Burnout zu vermeiden.
3. Angebot von Ressourcen für Stressmanagement, Mindfulness, Meditation und Coaching
Learning-Ressourcen können Mitarbeitenden helfen, ihren eigenen Stress proaktiv zu managen und so einen Burnout zu vermeiden. Nützliche Ressourcen sind u. a.:
- Eine konkrete Beschreibung des Burnouts am Arbeitsplatz
- Stressmanagement-Methoden
- Tipps für den Aufbau von Resilienz am Arbeitsplatz
- Zeitmanagement und Verbesserung der Projektmanagementkompetenzen
- Einblicke zu einer selbstbewussten Kommunikation
Führungskräfte können diesen Prozess unterstützen, indem sie ihre Mitarbeitenden ermutigen, diese Ressourcen täglich zu nutzen und anzuwenden.
4. Schulung von Manager:innen in Coaching und Unterstützung ihrer Mitarbeitenden
Der CIPD-Bericht ergab, dass nur 38 % der Unternehmen ihre Führungskräfte darin geschult haben, mit ihnen direkt unterstellten Mitarbeitenden vertrauliche Gespräche über psychische Gesundheit und Wohlbefinden zu führen. Daher glauben weniger als 30 % der Manager:innen, dass sie die Warnsignale eines Burnouts erkennen können. Mögliche Gegenmaßnahmen:
- Schulen Sie Führungskräfte in Gesprächen über sensible Themen mit Mitarbeitenden.
- Stellen Sie sicher, dass die Richtlinien, die Manager:innen für die Durchführung wöchentlicher Check-in-Gespräche erhalten, auch Informationen über die Anzeichen eines möglichen Burnouts und Anleitungen dafür enthalten, was zu tun ist, wenn direkt unterstellte Mitarbeitende mit Stress oder Überarbeitung zu kämpfen scheinen.
- Bieten Sie Führungskräften Coaching und Mentoring an, um ihnen direkt unterstellten Mitarbeitenden zu helfen, die Ursachen von Stress zu erkennen und zu beseitigen.
- Ermutigen Sie Manager:innen, „zuerst ihre eigene Sauerstoffmaske aufzusetzen“, indem sie Verhaltensweisen vorleben, die die psychische Gesundheit fördern – z. B. Urlaubstage nehmen, sich bei Bedarf krank melden und ihre Freizeit schützen.
5. Genaue Prüfung des Mitarbeitendenerlebnisses
Überarbeitung ist nicht die einzige Ursache für Burnout. Laut der L&D-Beraterin Ceci Mansilla kann Burnout oft durch einen Mangel an Eigenständigkeit, unzureichende Anerkennung und Belohnung, Einsamkeit und Isolation sowie ein Missverhältnis zwischen den Werten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verursacht werden.
Um diese potenziellen Ursachen für Burnout für Ihre verbleibenden Mitarbeitenden zu beseitigen, müssen Sie die gesamte Mitarbeitenden-Journey genau untersuchen. Berücksichtigen Sie dabei die folgenden Fragen:
- Haben Sie Ihr Performance-Management-System überarbeitet, um die neue, schlankere Teamstruktur zu berücksichtigen?
- Haben Sie Methoden entwickelt, um ein Gemeinschaftsgefühl unter Fern- und Hybridarbeitskräften aufzubauen?
- Ist Ihren Mitarbeitenden klar, wie ihre Arbeit zu den Gesamtzielen des Unternehmens beiträgt?
- Haben Sie die Mission und die Werte Ihres Unternehmens effektiv vermittelt?
- Verfügen Sie über ein System für kontinuierliches, gegenseitiges Feedback?
6. Bewertung und Optimierung der Arbeitslastverteilung
Eine der wirksamsten Möglichkeiten zur Vorbeugung von Burnout besteht darin, für ein realistisches Arbeitspensum Ihrer Mitarbeitenden zu sorgen. Dazu können Sie Folgendes tun:
- Überprüfen Sie, an wen die von ausscheidenden Mitarbeitenden zurückgelassenen Aufgaben und Projekte zugeteilt wurden
- Achten Sie auf Teams, die stark geschrumpft sind, und erkennen Sie, wo ein:e Mitarbeitende:r jetzt die Arbeitslast von zwei oder mehr Personen übernimmt
- Ermutigen Sie Führungskräfte, Mitarbeitende um Feedback zu Arbeitsauslastung und Abgabefristen zu bitten
- Optimieren Sie die Arbeitsverteilung und weisen Sie Aufgaben an Mitarbeitende mit den entsprechenden Stärken oder Erfahrungen zu
- Seien Sie ehrlich und transparent darüber, wie lange Mitarbeitende eventuell eine höhere Arbeitslast tragen müssen – selbst schlechte Nachrichten sind besser als Ungewissheit
7. Fokussieren von Zusatz-leistungen auf die geistige Gesundheit und das Wohlbefinden
Studien zeigen, dass viele Unternehmen nicht das bieten, was viele Mitarbeitende sich wünschen: Mehr Leistungen zur Unterstützung ihrer psychischen Gesundheit. Genauer gesagt:
- Mehr als zwei Drittel (69 %) der Arbeitnehmer wünschen sich ein Wellness-Programm am Arbeitsplatz, aber nur 29 % der Arbeitgeber bieten solche Programme an.
- Financial-Wellness-Programme sind für 73 % der Arbeitnehmenden wichtig, werden aber nur von 28 % der Arbeitgeber angeboten.
- Unterstützungsprogramme für Mitarbeitende wünschen sich 71 % der Arbeitnehmer, aber nur 30 % der Arbeitgeber bieten sie an.
Mit anderen Worten: Die Mitarbeitenden wünschen sich Unterstützung von ihren Arbeitgebern, die sie aber in den meisten Fällen nicht erhalten. Um dies zu vermeiden, suchen Sie nach Möglichkeiten, Ihr Budget für Zusatzleistungen umzustrukturieren und sich auf Initiativen zur Steigerung des Wohlbefindens zu konzentrieren. Sie können das Burnout-Risiko verringern, indem Sie Leistungen priorisieren, die sich unmittelbar auf gefährdete Mitarbeitende auswirken, wie z. B.:
- Coaching- und Mentoring-Programme
- Ein zusätzlicher bezahlter Urlaubstag
- Flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten
Sie können auch Zusatzleistungen erwägen, die Ihren Mitarbeitenden beim Umgang mit externen Stressfaktoren helfen, wie z. B.:
- Kinderbetreuungszuschüsse
- Reisezuschüsse
- Unterstützung bei Scheidungsfällen
- Ressourcen und Beratung für die Finanzplanung
- Ein Homeoffice-Budget für Fern- und Hybridarbeiter
- Zugang zu Online-Anbietern für psychische Gesundheit und Meditation
Sorgen Sie für die Unterstützung Ihrer loyalen Beschäftigten
Die Mitarbeitenden, die im Unternehmen geblieben sind, als andere Kolleg:innen kündigten, sind diejenigen, die Sie am liebsten behalten möchten. Es ist wichtig, sich für ihre Loyalität erkenntlich zu zeigen. Tun Sie das, indem Sie in das Wohlbefinden Ihrer Mitarbeitenden investieren und proaktive Maßnahmen ergreifen, um ihr Burnout-Risiko zu verringern. Dadurch dämmen Sie nicht nur die hohe Fluktuationsrate ein, Sie schaffen auch einen robusteren und unterstützenden Arbeitsplatz, an dem sich Ihre Mitarbeitenden wohlfühlen und Erfolg haben – auch in schwierigen Zeiten.
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