Wie viel hat Deine jetzige Aufgabe mit dem zu tun, was damals, als Du eingestellt wurdest, in der Stellenausschreibung stand? Wenn Du länger als zehn Jahre im selben Unternehmen arbeitest, wirst Du Dich an die Stellenausschreibung vermutlich gar nicht mehr erinnern. Sehr wahrscheinlich ist, dass Deine jetzige Verantwortung mit dieser Ausschreibung nur noch marginal etwas zu tun hat.
Auch wenn es zu Beginn einer Karriere in einem Unternehmen anders scheint, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht für Stellen, sondern für Unternehmen eingestellt. Was in all den Jahren nach einem Einstieg passiert, weiß niemand. Menschen orientieren sich langsam, erkennen schrittweise Präferenzen und Talente. Auch dürfen wir davon ausgehen, dass neue oder zukünftige Aufgaben und Verantwortungen zu den Menschen kommen und nicht umgekehrt. Dann liegt es an den Menschen selbst, Chancen zu erkennen und sie gegebenenfalls aktiv aufzugreifen. Das Leben spiegelt eine unvorhersehbare Dynamik wider, in der Individualität und Umwelt in einem Wechselspiel interagieren.
Dieser, sich entwickelten Individualität Raum zu geben, bedeutet, Vielfalt in der Entwicklung von Karrieren zuzulassen. Vermutlich kommen auf diese Weise Aufgaben und Talente sinnvoll und wirkungsvoll zusammen.
Nun wird heute viel über Vielfalt oder Diversity diskutiert, was gut ist. Inklusion oder Teilhabe spielen hierbei eine zentrale Rolle und sind vermutlich die wirksamsten Grundlagen, der natürlichen Vielfalt Raum zu geben. Menschen sind von Natur aus sehr unterschiedlich. Dies betrifft ihre Talente, Karrierepräferenzen oder ihre Lebens- und Karriereentwürfe. Anstatt also in identitätspolitischer Manier über Quoten oder Paritäten, Gleichverteilungen von Geschlechtszugehörigkeit, Alter, ethnischen Herkünften usw. zu sprechen, tun Unternehmen gut daran, Individualität und individuelle Karriere zuzulassen.
So genannte „Karrierepfade“ können hierbei eine bedeutende Rolle spielen. Aus einer eher klassischen Sichtweise sollen Karrierepfade aufzeigen, wie eine langfristige Entwicklung abläuft. Es werden unterschiedliche Phasen und die damit einhergehenden Aufgaben und Fähigkeiten beschrieben. Am Ende dienen diese Karrierepfade der individuellen Orientierung. „Schau her, so wird man hier langfristig Warenhausleiter“. Wir kennen diese Karrierewege aus der Wissenschaft: Studium, Promotion, Habilitation, Professor. In großen Beratungshäusern kennt man Ähnliches: Junior, Senior, Projektleitung, Manager, Partner, Executive Partner. Nicht selten Fragen gerade junge Kolleginnen und Kollegen danach. Sie wünschen möglicherweise, an der Hand genommen zu werden, um so ihre gefühlte Unsicherheit zu reduzieren.
Diesem Wunsch sollte HR nicht reflexartig mit klar beschriebenen Karrierepfaden begegnen. Vielmehr stellt sich die Frage, ob man diese Unsicherheit anders begreifen sollte, etwa als Universum, unendlicher Möglichkeiten, das am Ende einer Individualität in der persönlichen Entfaltung Raum gibt. Anstatt der Botschaft „Schau her, so wird man hier Vorstandsmitglied“ könnte die Botschaft lauten: „Niemand weiß, wie Deine Karriere verlaufen wird. Das liegt an Dir und den Möglichkeiten. Finde es heraus und geh Deinen Weg“. So gibt es Unternehmen, die diese Botschaft bewusst auf den Punkt bringen: „Wir haben 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb gibt es in unserem Unternehmen auch 5.000 unterschiedliche Karrierewege“.
HR kann hier sehr gut unterstützen, etwa indem man Transparenz über interne Entwicklungsmöglichkeiten schafft. Man denke hier an „interne Talentmärkte“, „Career Hubs“, „Opportunity Market Places
“. Die Idee hinter diesen klingenden Bezeichnungen ist einfach. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich präsentieren und begegnen aktuellen Herausforderungen, Projekten, Jobs. Wie sich Menschen und Aufgaben am Ende treffen, obliegt den natürlichen Kräften eines internen Arbeitsmarktes.
Man denke auch an die Idee deskriptiver Karrierepfade. Sie spiegeln nicht wider, wie Karrierepfade normativ auszusehen haben, sondern beschreiben, wie Karrieren in der Vergangenheit tatsächlich abgelaufen sind. „Menschen, die heute X machen, haben häufig zuvor Y gemacht“. Auch dieser Ansatz kann Orientierung liefern, allerdings eher evidenzbasiert.
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