Blogbeitrag

Bossing: Wenn Mobbing am Arbeitsplatz zur Chefsache wird!

Alicia Roy

Content Marketing Strategist

Mobbing ist mit das zweitschlimmste, was einem am Arbeitsplatz widerfahren kann. Schlimmer ist vielleicht nur noch, von einem bewaffneten Geisteskranken im Büro erschossen zu werden. Häufig denkt man beim Mobbing jedoch an Schikane unter den Kollegen. Aber was, wenn es nur der Chef ist, der einen niedermacht? Hier spricht man vom Bossing. Doch wie können Betroffene sich wehren? Wie dem Chef die Stirn bieten?

Anschreien, entwürdigen, niedermachen, lästern, ignorieren: Im Rechtsjargon definiert man so etwas als zielgerichtete systematische und länger andauernde Anfeindung und Schikane einer Person – kurz: Mobbing. Laut einer Umfrage vom Bündnis gegen Cybermobbing geschieht rund jeder zweite Mobbing-Vorfall im Arbeitsumfeld. Jedoch erhalten immer mehr Betroffene die Möglichkeit, sich zu wehren oder finden Hilfe. Das Thema ist in der Öffentlichkeit längst kein Tabu mehr. Eine besondere Form des Mobbings ist bisher jedoch kaum bekannt, wenn nämlich Schikane zur Chefsache wird.

Was wenn der eigene Vorgesetzte, von dem man abhängig ist, seine Macht ausnutzt, um Untergebenen das Leben zur Hölle zu machen? Dann spricht man vom sogenannten Bossing. Unter Experten wird es auch als downward bullying bezeichnet, also die psychologische Dezimierung von oben nach unten. Im Gegensatz dazu steht das Staffing, bei dem das Personal nach oben mobbt, also den Vorgesetzten drangsaliert. Hier spricht man auch von upward bullying. Ja, auch so etwas gibt es und wir werden uns in einem separaten Blogbeitrag noch damit beschäftigen. Aber zunächst wollen wir uns damit auseinandersetzen, wie man gegen einen unfairen Chef vorgehen kann.

Die Motive, weswegen ein Vorgesetzter plötzlich auf Konfrontationskurs geht und sich auf einen Mitarbeiter stürzt, können vielfältig sein. Manchmal ist es ein Machtspielchen, weil der Vorgesetzte sich nicht genug als Autorität bestätigt sieht oder es handelt sich um persönliche Abneigung. Dies muss überhaupt nichts mit den Skills des Arbeitnehmers zu tun haben, sondern ist auf das menschliche Unvermögen des Mobbers zurückzuführen. Da reicht oft schon eine Kleinigkeit aus, um den Hass auf sich zu ziehen. Beispielsweise wenn der Chef in einer Präsentation etwas Falsches sagt und von einem Untergebenen korrigiert wird. Da kann der gekränkte Stolz schnell in Hass umschlagen und der Mitarbeiter sich auf eine finstere Zeit im Büro einstellen. Häufig fürchtet so mancher Abteilungsleiter auch schlicht die Konkurrenz. Das Bossing führt dann letztendlich dazu, dass eine Bande von Ja-Sagern in der Firma herangezüchtet wird.

Frauen sind häufiger Opfer von Mobbing

Durchschnittlich sind Frauen häufiger von Schikanen betroffen. Sowohl was „klassisches“ Mobbing – sei es in der Schule oder auf der Arbeit – als auch was Bossing anbelangt. Dies ist auf immer noch konservative Erziehungsmuster zurückzuführen, wonach Mädchen bereits im jungen Alter weniger Selbstbewusstsein entwickeln, passiver sind und sich dadurch auch später leichter verunsichern lassen. Auf diese Weise werden sie auch öfter Ziel von Mobbingattacken. Das Bossing an sich drückt sich häufig durch das überaus harsche Kritisieren von gezielt einem Mitarbeiter aus – meistens in demütigender Weise und in Anwesenheit der Kollegen. Die angeblichen Fehler der Mitarbeiter sind teilweise miteinkalkuliert und sollen ihn weiter in die Ecke treiben. So macht der Chef falsche Beschuldigungen oder hält Informationen zurück, die das Opfer gezielt in eine Falle locken sollen. Natürlich zeugt das Bossing viel von der Charakterschwäche eines Vorgesetzten und der Unternehmenskultur einer Organisation. Führungskräfte, die mit gezielten Psychospielchen agieren, werden nicht selten von jemandem Übergeordnetem eingestellt, der ähnlich zynisch tickt.

Im Grunde ist dies ein Zeichen von Feigheit, weil der Chef die unfairen Methoden der Hierarchie bewusst ausnutzt und sich hinter seiner Position versteckt. Er tritt gegen einen Gegner an, der sich (fast) nicht wehren kann. In transparenten Zeiten des Internets geben nicht nur einzelne Bürger immer mehr Daten preis, sondern auch die wahre Natur von so mancher Firmenhierarchie bleibt nicht länger verborgen. Im Internet machen ehemalige Mitarbeiter ihrem Ärger Luft und warnen vor diesen Chefs. Dies hat schon einzelne Entscheider zu Fall gebracht und sogar ganze Konzerne ihre Glaubwürdigkeit gekostet.

Erinnern Sie sich noch an die SPD-Bundestagsabgeordnete und Hochstaplerin Petra Hinz, die ihren gesamten Lebenslauf frei erfunden hatte? Dies kam nur heraus, weil immer mehr Journalisten sich mit ihr beschäftigten, denn zuvor gab es massive Kritik, die Petra Hinz als Mobberin ihrer Mitarbeiter bezichtigte. Dies ging letztendlich so weit, dass sie am Ende gar keine Mitarbeiter mehr hatte. Erst durch diese Vorwürfe stellten die Medien die unmenschliche Chefin bloß. Und wahrscheinlich erinnern Sie sich auch noch an die Drogeriekette Schlecker, die früher der Feind aller Gewerkschaften war, weil Mobbing von Vorgesetzten dort sogar regelrecht Teil des Systems war. Das daraus resultierende schlechte Image war eines der Hauptgründe, warum dem Unternehmen die Kunden abhandenkamen und die Firma letztendlich Bankrott ging.

Wie kann man sich als Einzelner wehren?

Ein klärendes Gespräch mit dem Chef hilft in der Regel leider wenig. Denn wer bereits so abgebrüht ist, seine Mitarbeiter zu quälen, wird sich durch ein wenig Konversation auch nicht ändern. Auch die Personalabteilung und der Betriebsrat zeigen sich in so manchen Fällen machtlos. Experten raten daher zuerst die Mobbingopfer-Hotline ihrer Krankenkasse zu kontaktieren. Gleichwohl gibt es mittlerweile auch Unternehmen, die sich auf die Lösung solcher Probleme spezialisieren. Aber auch solche Schritte ändern natürlich zunächst nicht die schlechte Behandlung auf der Arbeit, aber es hilft dabei, die Verzweiflung nicht in sich reinzufressen und in ein noch tieferes Loch zu fallen. Wo alle Anlaufstellen versagen, sollte man sich wirklich Gedanken machen, den Job zu wechseln. Das heißt aber nicht zu kapitulieren. Ganz im Gegenteil! Sie sollten klagen. Allerdings ist natürlich klar, dass eine Klage ihre ohnehin wackelnde Position in der Firma gänzlich zu Fall bringen könnte. Es sei denn, die Beweislast ist derart hoch, dass der Vorgesetzte selbst vom Vorstand gekündigt wird. Deutsche Gerichte haben hier die Hürden jedoch sehr hoch gesetzt. Zwar sind Mobbing oder Bossing keine eigenen Straftatbestände, sie können aber über andere Tatbestände wie Beleidung, Nötigung oder Körperverletzung gefasst werden.

Wichtig ist es vor allem Beweise über einen längeren Zeitraum zu sammeln. Das heißt Zeugen, Fotos, giftige Emails, aber auch ein glaubwürdiges Mobbing-Tagebuch. Vor allem muss die Systematik des Mobbings dadurch erkennbar sein. Ein paar Ausraster reichen nicht aus. So hart es sich anhört: Eine Weile müssen sie daher das Spiel des Randale-Chefs schon mitspielen. So oder so, bedarf es Mut. Aber es zahlt sich aus. Sprichwörtlich. Das prominenteste Beispiel dafür ist der ehemalige Hausmeister im israelischen Präsidentenpalais. Er hatte seinen Arbeitgeber, den amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dessen Frau, erfolgreich wegen Mobbings verklagt. Das Gericht entschied, dass der Staatschef mehr als 40.000 US-Dollar an seinen Ex-Untergebenen zu zahlen hatte, nachdem dieser glaubhaft nachweisen konnte, dass er vor allem von der First Lady systematisch angeschrien und öffentlich gedemütigt wurde. Natürlich kann schon der Nachweis des Mobbings an sich zu einem katastrophalen Imageschaden führen. Es mag ein wenig untergegangen sein, aber die Lebenslügen der SPD-Bundestagsabgeordneten Petra Hinz kamen erst ans Tageslicht, nachdem sie immer häufiger mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, dass sie ihre Mitarbeiter und Praktikanten regelrecht terrorisiert und erniedrigt hätte. Zu einem Prozess kam es da schon gar nicht mehr, weil Frau Hinz schließlich alles gestand, einen Nervenzusammenbruch erlitt und von all ihren Ämtern zurücktrat.

Es ist jedoch wichtig zu prüfen, ob es sich wirklich um Bossing handelt. Was der Mitarbeiter als Schikane durch den Chef empfinden mag, kann sich unter objektiver Betrachtung als typischer Konflikt um die Arbeitsleistung entpuppen. Es muss klar umrissen werden, wo Bossing beginnt. Ein wenig Unfreundlichkeit wird weder vor einem Arbeitsgericht noch vor dem Betriebsrat als hinterhältiger Akt gewertet. Zwischenmenschliche Reibereien treten immer auf und wer professionell ist, der weiß damit auch umzugehen. So banal es klingen mag: Unterschiedliche Menschen reagieren auf unterschiedliche Handlungen nun mal unterschiedlich.

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