Blogbeitrag

Die Zukunft der Arbeit beginnt jetzt: Fragen und Antworten mit der Talentmanagement-Expertin Dr. Edie Goldberg

Cornerstone Editors

Cornerstone veranstaltete kürzlich ein Webinar mit Edie Goldberg, Ph.D., einer US-weit anerkannten Talentmanagement-Expertin, um die Erfolgsfaktoren für den Aufbau einer Unternehmenskultur zu erörtern, die die Zukunft der Arbeit durch interne Talentförderung kreativ erobert. Anschließend beantwortete Dr. Goldberg eine Reihe von Nachfragen und teilte weiteres Wissen zur internen Talentmobilität.

Sehen Sie sich das On-Demand-Webinar an und lesen Sie die Fragen und Antworten.

1) Was ist ein weit verbreitetes Missverständnis über interne Gig-Work?
 

Wenn die Leute „Gig“ hören, denken sie an die externe Gig-Economy. Viele denken, dass sie für die Arbeit an einem Gig bezahlt werden. Anstelle einer Bezahlung (wie es in der externen Gig-Economy der Fall wäre) erhalten die Mitarbeiter:innen jedoch die Möglichkeit, andere Bereiche des Unternehmens kennenzulernen, einen Beitrag zu leisten, indem sie Kompetenzen einsetzen, die sie in ihrer täglichen Arbeit nicht nutzen, oder durch die Arbeit an einem Projekt neue Skills zu erwerben, die ihnen helfen, zu lernen und sich beruflich weiterzuentwickeln. Es geht eher um die berufliche Herausforderung und die Anwendung und Erweiterung von Fachwissen. In der Vergangenheit wurden viele Mitarbeitende:innen gebeten, sich an speziellen Arbeitsgruppen zu beteiligen. Das ist eigentlich gar nicht so anders.

2) Wenn Mitarbeitende:innen neue Gigs innerhalb des Unternehmens übernehmen sollen, verlangen einige Unternehmen, dass die Mitarbeitende:innen in ihrer Freizeit an diesem Projekt arbeiten. Andere hingegen fordern, dass die Mitarbeitenden:innen und Führungskräfte den Gig in ihr tägliches Arbeitspensum integrieren. Welchen Ansatz empfehlen Sie?

Neunzig Prozent der Unternehmen, die Gigs anbieten, geben an, dass diese zusätzlich zu den regulären Arbeitsaufgaben geleistet werden sollen. Ich habe oft im Scherz gesagt, dass die 20 % Zeit, die Google für Innovationen einplant, insgesamt 120 % Zeit ergeben, weil sie zusätzlich zu den Hauptaufgaben des Mitarbeitenden anfallen.

Gegen diesen Ansatz ist zwar nichts einzuwenden, aber die Unternehmen können ihre Talente optimieren, indem sie die Arbeit neu organisieren. Anstatt von Ihnen zu verlangen, dass Sie zusätzlich zu Ihrer Arbeit noch eine weitere Aufgabe übernehmen, sollten vielmehr Ihre derzeitigen Aufgaben überprüft werden. Welche Arbeit optimiert Ihre Kompetenzen und ermöglicht es Ihnen, den höchsten Mehrwert für das Unternehmen zu erzielen? Gibt es Aufgaben, mit denen Sie keinen Mehrwert schaffen?

Nehmen wir das klassische Beispiel der Meetings. Wie oft haben Sie schon gedacht: „Ein Memo hätte es auch getan“. Oft nehmen wir an Meetings teil, um zu hören, was gesagt wird, und spielen selbst keine wichtige Rolle. In solchen Fällen könnten Sie die ein oder zwei Stunden, die Sie in Meetings verbringen, vielleicht besser nutzen, indem Sie an einem Projekt arbeiten, mit dem Sie einen Mehrwert schaffen. Es genügt dann, die Besprechungsnotizen zu lesen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Voilà — mehr Zeit!

Welche Teile Ihrer Arbeit belasten Sie, weil sie Ihnen keinen Spaß machen? Welche Aspekte fallen Ihnen schwer, weil sie nicht wirklich zu Ihren Skills passen? Ist es besser, diese Teile Ihrer Arbeit jemandem zu überlassen, der dafür besser gerüstet ist oder mehr Energie für diese Arbeit aufbringt?

Ich empfehle Führungskräften, gemeinsam mit ihren Mitarbeiterden:innen zu prüfen, wie sie ihre Zeit verbringen, welche Aufgaben ihnen Freude bereiten und welche sie belasten. Dann sollten sie herausfinden, wie sie die Arbeit so verteilen können, dass die Mitarbeitenden:innen ihren optimalen Wert für das Unternehmen erzielen können. Schaffen Sie Zeit für Learning und Weiterentwicklung, und nutzen Sie die Skills und das Fachwissen Ihrer Mitarbeitenden:innen, um die wichtigsten geschäftlichen Probleme Ihres Unternehmens zu lösen.

3) Können Sie ein Beispiel dafür geben, wie Führungskräfte traditionelle Vollzeitstellen in Projekte oder in kompetenzbasierte Aufgaben aufteilen können?

Ich verwende gerne das Beispiel eines Projektmanagers. Das ist ein Job, mit dem die meisten Mitarbeitenden etwas anfangen können. Die Kernelemente dieser Rolle lassen sich leicht aufschlüsseln.

Die Rolle des Projektmanagers kann in fünf zentrale Aufgabenbereiche unterteilt werden:

  • Initiierung des Projekts: Ziele, Projektumfang, Ressourcen und Zeitplan definieren
  • Zusammenstellung des Teams: qualifizierte Teammitglieder identifizieren und rekrutieren sowie deren Arbeit überwachen
  • Durchführung des Projekts: Projektfortschritt überwachen, Projektrisiken unter Kontrolle behalten und effektive Kommunikationskanäle schaffen
  • Verwaltung des Projektbudgets: Projektbudget definieren und verwalten, Ausgaben im Blick behalten und Finanzberichte erstellen
  • Bewertung der Projektergebnisse: umfassende Evaluierung der Projektergebnisse, um festzustellen, ob die Projektziele erreicht wurden und ob diese termin- und budgetgerecht sowie in der erwarteten Qualität umgesetzt wurden Außerdem sollten die wichtigsten Erkenntnisse für künftige Projekte dokumentiert werden.

Vielleicht ist ein bestimmter Projektmanager in allen Aspekten seiner Arbeit hervorragend – außer bei der Budgetierung. Wenn der Job aufgeteilt wird, könnte das eine gute Chance für eine andere Person sein, die sich mit Finanzanalyse auskennt und sich dafür begeistert. Eventuell gibt es jemanden in der Finanzabteilung, der in diesem Bereich herausragend ist und sich mit Projektmanagement befassen möchte. Wäre das nicht eine großartige Gelegenheit für diese Person, diese Funktion besser kennenzulernen?

4) Wir wissen, dass die Frontline-Manager:innen der Dreh- und Angelpunkt für eine erfolgreiche Veränderung der Unternehmenskultur sind. Welche taktischen Argumente kann die HR-Abteilung gegenüber einer Führungskraft vorbringen, die sich gegen die Idee sträubt, Mitarbeitende:innen an Gig-Aufträgen teilnehmen zu lassen?

Führungskräfte sträuben sich meist deshalb gegen diese Idee, weil sie für bestimmte Ergebnisse verantwortlich gemacht werden und sie alle ihre Ressourcen (und noch mehr) benötigen, um diese Ziele zu erreichen. Das ist vernünftig. Deshalb muss die HR-Abteilung einige Dinge sicherstellen, um den Widerstand der Führungskräfte zu überwinden.

  • Wenn Mitarbeitende:innen einen internen Gig nutzen möchten, um eine potenzielle neue Jobmöglichkeit zu erkunden, muss die HR-Abteilung sicherstellen, dass die derzeitige Führungskraft keine Einbußen in der Mitarbeiterzahl hinnehmen muss, wenn bestehende Mitarbeitende:innen eine neue Rolle im Unternehmen annehmen.
  • In meinem Buch The Inside Gig (Der interne Gig), lautet eines der Grundprinzipien „Du bekommst, was du gibst“. Wenn Führungskräfte ihre vorhandenen Talente mit anderen Teams teilen (das heißt, etwas geben), dann ist die Idee, dass sie im Gegenzug Talente von anderen Stellen im Unternehmen erhalten, die ihnen beim Erreichen ihrer aktuellen Ziele helfen. Das Prinzip der gemeinsamen Nutzung von Talenten funktioniert in beide Richtungen. Wenn Sie also Ihren Mitarbeitenden:innen helfen, Platz für ein neues Projekt zu schaffen, können Sie auch ein Projekt für andere Mitarbeitende:innen ausschreiben, die Ihnen helfen sollen, Ihre Geschäftsziele zu erreichen.
  • Helfen Sie den Führungskräften zu erkennen, dass Mitarbeitende:innen, denen sie den Einsatz im gesamten Unternehmen ermöglichen, neue Beziehungen aufbauen, die ihnen die Erfüllung ihrer künftigen Aufgaben erleichtern. Außerdem entwickeln sie neue Kompetenzen und kehren mit neuer Energie und Begeisterung zu ihrer eigentlichen Aufgabe zurück.

5) Was raten Sie Personalverantwortlichen, die überlegen, ob sie diese Art der internen Karrieremobilität im Vergleich zu traditionellen Karrierepfaden oder zur traditionellen Nachfolgeplanung wirklich umsetzen können?

Die traditionelle Erstellung von Karrierepfaden geht von einer linearen Entwicklung aus (Aufstieg auf der Karriereleiter). Mit neuen Technologien, die neue Skills erfordern, entstehen schnell neue Rollen. Die Mitarbeitenden:innen müssen ermutigt werden, nach neuen Möglichkeiten Ausschau zu halten, die ihnen beim Aufbau eines Kompetenzportfolios helfen, das sie in der Karriere voranbringt.

Darüber hinaus haben sich Unternehmen bisher zu sehr auf einige wenige High Performer verlassen, die all die besonderen Entwicklungs- und Aufstiegschancen erhielten. KI-gesteuerte Plattformen für interne Talentmobilität können alle im Unternehmen vorhandenen Talente des Unternehmens und Chancen für alle sichtbar machen. Indem wir die Technologie nutzen, um die Kompetenzen und Interessen der Mitarbeitenden:innen mit den verfügbaren Chancen zu verbinden, demokratisieren wir die Chancen innerhalb des Unternehmens. Dies dürfte die DEI-Strategien der Unternehmen zur Diversifizierung ihrer Belegschaft erheblich erleichtern.

6) Denken Sie, dass es vor allem Millennials und Angestellte der Generation Z sind, die nach Möglichkeiten suchen, an Projekten außerhalb ihrer normalen Rolle zu arbeiten, um Mentoren zu finden?

Ich glaube zwar, dass dies für jüngere Mitarbeitende:innen große Vorteile mit sich bringt, aber meiner Erfahrung nach wollen Mitarbeitende in allen Phasen ihrer Karriere die Möglichkeit haben, an Projekten zu arbeiten, die sie persönlich interessieren. Sei es, um sich in ein Gebiet einzuarbeiten, das sie begeistert, oder um etwas zu lernen, das sie interessiert. Sei es, um an einem Projekt zu arbeiten, das einen großen Einfluss auf das Unternehmen oder seine Kunden hat, oder aber, um eine Kompetenz zu nutzen, die sie haben, die aber in ihrer täglichen Arbeit nicht zum Einsatz kommt. Mitarbeitende:innen aller Karrierestufen sind sehr an dieser Idee interessiert.

Was die Möglichkeit betrifft, mit Mentor:innen in Kontakt zu treten, so interessieren sich natürlich die Personen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, am meisten für diesen Aspekt der internen Talentmobilität. Dies ist nicht wirklich generationenspezifisch. Vielmehr profitieren Mitarbeitende, die sich in einer frühen Phase ihrer Karriere befinden, in hohem Maße davon, von anderen zu lernen. Aber auch Personen in der Mitte ihrer Karriere, die in der Regel älter sind, profitieren vom Kontakt mit Mentor:innen, die ihnen eine bestimmte Kompetenz oder ein spezifisches Fachwissen vermitteln können, das sie für ihren Karrierefortschritt benötigen. Also nein, ich glaube nicht, dass dies spezifisch für Millennials oder die Generation Z ist. Wenn ich jedoch mit Mitarbeitenden:innen dieser Generationen spreche, zeigen sie sich begeistert, für ein Unternehmen zu arbeiten, das ihnen Vielfalt und Wahlmöglichkeiten bei der Arbeit bietet und ihnen die Chance gibt, mit Mentor:innen in Kontakt zu treten.

7) Was ist Ihrer Meinung nach die beste Ressource, um ein Kompetenzinventar Ihrer Belegschaft zu erstellen?

Ich kenne zwar Unternehmen, die ihre vorhandene Technologie (z. B. HRIS) für den Einstieg genutzt haben, aber die neuen Technologien für Talent-/Opportunity-Marketplaces sind genau für diesen Zweck konzipiert. Sie sollten sicherstellen, dass das System über eine Skills-Ontologie verfügt, die auf einer großen Datenbank basiert. Die Komplexität und Effektivität einer Skills-Ontologie hängt häufig vom Umfang und der Größe Ihres Unternehmens sowie von der Vielfalt der Rollen und Funktionen ab.

Eine Skills-Ontologie sollte umfassend und detailliert genug sein, um alle Kompetenzen zu erfassen, die für die Tätigkeit Ihres Unternehmens relevant sind. Dies kann bedeuten, dass Hunderte oder sogar Tausende verschiedener Skills erfasst werden, von denen jeder als ein Datenpunkt betrachtet werden kann. Darüber hinaus sollten auch verwandte Informationen berücksichtigt werden, wie z .B. der Kenntnisstand, der Kontext, in dem die Kompetenz genutzt wird, verwandte Kompetenzen usw.

Außerdem sollte die Ontologie regelmäßig aktualisiert und verfeinert werden, um den sich ändernden Kompetenzanforderungen des Unternehmens und der Branche, in der es tätig ist, Rechnung zu tragen. Je robuster und detaillierter die Skills-Ontologie ist, desto effektiver kann sie die Personalplanung, die Talententwicklung und andere HR-Prozesse unterstützen.

Es ist auch wichtig, sich daran zu erinnern, dass der Nutzen einer Skills-Ontologie nicht nur von der Menge der Datenpunkte abhängt, sondern auch davon, wie gut sie die Bedürfnisse des Unternehmens widerspiegelt und wie effektiv sie angewendet werden kann, um sinnvolle Entscheidungen zu treffen.

8) Wie gehen Unternehmen mit der Frage der Vergütung von Zusatzaufgaben / Stretch-Assignments zu Lernzwecken um?

Im Großen und Ganzen bezahlen die Unternehmen ihre Mitarbeitenden nicht dafür, dass sie an Stretch-Assignments arbeiten. Anstelle einer Bezahlung (wie es auf dem externen Gig-Markt der Fall wäre) erhalten die Mitarbeitenden:innen die Möglichkeit, andere Bereiche des Unternehmens kennenzulernen, etwas zu bewirken, indem sie Kompetenzen einsetzen, die sie in ihrer täglichen Arbeit nicht nutzen, oder durch die Arbeit an einem Projekt Kompetenzen zu erwerben, die ihnen helfen, zu lernen und sich beruflich weiterzuentwickeln. Es geht eher um die berufliche Herausforderung und die Anwendung und Erweiterung von Fachwissen. In der Vergangenheit wurden viele Mitarbeitende:innen gebeten, sich an speziellen Arbeitsgruppen zu beteiligen. Das ist eigentlich gar nicht so anders.

9) Wie können Führungskräfte die Talente ihrer Teammitglieder in den verschiedenen Abteilungen hervorheben?

Das ist genau das Problem, das ich seit Jahren zu lösen versuche. Wenn Sie einen Talent-/Opportunity-Marketplace nutzen und Ihre Mitarbeitenden:innen dazu bringen, ihre Kompetenzen, Erfahrungen und Interessen dort zu erfassen, erhalten Sie einen Überblick darüber, wie jede:r im Unternehmen zu den wichtigsten Geschäftsprioritäten beitragen kann. Es geht buchstäblich darum, Talente für den Rest des Unternehmens sichtbar zu machen. Die Mitarbeitenden:innen haben viel zu bieten – über das hinaus, was sie im Rahmen ihrer täglichen Aufgaben tun. Durch die Einführung neuer Technologien, die den Aufbau und die gemeinsame Nutzung der Kompetenzen von Mitarbeitenden unterstützen, kann das Unternehmen einen Einblick in die Kompetenzen der gesamten Belegschaft gewinnen.

Erhalten Sie Einblicke in weitere von Expert:innen unterstützte Methoden, um eine Kultur zu pflegen, die die interne Mitarbeiterentwicklung fördert. Lesen Sie das neue E-Book, das gemeinsam von Dr. Goldberg und Cornerstone verfasst wurde.

Edie Goldberg ist Gründerin und Präsidentin von E. L. Goldberg & Associates sowie eine anerkannte Expertin für Talentmanagement und die neue Arbeitswelt. Ihr Schwerpunkt ist die Erstellung von HR-Prozessen und ‑Programmen zur Gewinnung, Motivierung, Entwicklung und Bindung von Mitarbeiter:innen. Ihre Kunden stammen aus allen Branchen und reichen von Fortune-10-Unternehmen bis zu Start-ups. Bevor sie vor mehr als 20 Jahren ihr eigenes Unternehmen gründete, war Goldberg eine globale Vordenkerin im Bereich Human Capital bei Towers Perrin. Zusätzlich zu ihrer strategischen Arbeit als Beraterin ist sie auch Vorstandsvorsitzende der SHRM Foundation sowie Mitglied im Board of Advisors bei drei HR-Technologie-Unternehmen.

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